Wie wichtig ist Weiterbildung in der Reinigung?


19.02.2020

Die Wetrok betreibt in Kloten und Crissier je ein Schulungszentrum: die Wetrok Academy. In 17 Kursen oder einem individuell auf die Kundschaft zugeschnittenen Kurs lernt man dort alles rund um die professionelle Reinigung. Im Interview verrät uns Academy Leiterin Cristina Weidmann-D’Alessio, was Putzkräfte von Reinigungsfachleuten unterscheidet, welche haarsträubenden Ammenmärchen in der Reinigung noch immer kursieren und warum Roboter Reinigungsfachkräften noch lange nicht das Wasser reichen können.

Frau Weidmann-D’Alessio, ist «Putzen» etwas, das man erlernen muss?
Putzen nicht, reinigen aber sehr wohl! Das sind zwei Begriffe, die man klar voneinander unterscheiden muss. Putzen tun wir zuhause, das kann jeder. Professionell zu reinigen ist jedoch eine Kompetenz, die Fachwissen erfordert. Nur weil wir es alle zuhause tun, heisst das nicht automatisch, dass wir es richtig machen. Ein Beispiel: Der Laie verwendet meist warmes oder heisses Wasser für die Reinigung, weil er denkt, dass es so sauberer wird. Ein Ammenmärchen! Reinigungsmittel sind grundsätzlich so gemacht, dass kaltes Wasser genügt. Heisses Wasser kann gar dazu führen, dass einzelne Inhaltsstoffe unwirksam gemacht werden und dies die Reinigungswirkung massiv beeinträchtigt. Vom ökologischen Nonsens des heissen Wassers ganz zu schweigen. Solche Dinge lernt man in einem Reinigungskurs.

Sie machen einen klaren Unterschied zwischen Putzkräften und Reinigungsfachleuten. Wie äussert sich dieser?
Professionell ausgebildete Reinigungsfachkräfte beherrschen es, die wichtigsten Komponenten aufeinander abzustimmen: Sie verwenden das richtige Reinigungsprodukt, in der korrekten Dosierung, für die entsprechende Fläche/Oberfläche und die spezifische Verschmutzungsart. Insgesamt erzielen sie so nicht nur eine massiv höhere Reinigungswirkung, sondern vermeiden auch Schäden am Material, Unfälle und damit unnötige, aber häufig anfallende Kosten. Durch die Wahl ressourcensparender Reinigungsmethoden und die korrekte Dosierung sorgen sie zudem dafür, dass die Umwelt nicht unnötig belastet wird. Kurz: Qualifizierte Fachkräfte übernehmen Verantwortung.

Der Beruf der Reinigungskraft hat sich gewandelt. Welche neuen Anforderungen werden heute an Reinigungskräfte gestellt?
Die Top-Anforderung ist Flexibilität – ohne die Bereitschaft für Veränderung geht nichts mehr. Was sich beispielsweise stetig verändert, sind die Bauweisen und Materialien (z.B. neue Bodenarten, die zum Trend werden). Reinigungskräfte müssen deshalb über ein solides Grundwissen verfügen sowie stets am Ball bezüglich neuer Einrichtungstrends bleiben, damit sie im Objekt schnell und flexibel reagieren können. Ein weiterer, der Veränderung unterworfener Punkt: die Reinigungsmethoden. Es ist essentiell, dass Reinigungsmitarbeitende nach und nach althergebrachte Reinigungsmethoden (z.B. die Eimer-Wasser-Methode) durch zeitsparendere, moderne Methoden (z.B. vorgefeuchtete Mopps in der WetBox) ersetzen. Eine dritte Anforderung, die immer mehr ins Gewicht fällt, ist der kompetente und gepflegte Auftritt. An vielen Orten (z.B. im Einkaufszentrum) werden Reinigungsmitarbeitende wieder vermehrt sichtbar für Kunden und Passanten. Sie sind damit nicht nur Visitenkarte des Unternehmens, sondern oft auch erster Ansprechpartner für Kunden, die Hilfe benötigen oder eine Frage haben. Ihr Auftreten (Erscheinungsbild, Zustand der Reinigungsmaterialien, Hilfsbereitschaft) widerspiegelt schlussendlich ihre Reinigungsleistung – und das Ansehen ihrer gesamten Berufsgattung.

Finden Sie es begrüssenswert, dass Reinigungskräfte wieder vermehrt sichtbar werden?
Auf jeden Fall! Reinigungsmitarbeitende haben einen der wichtigsten Jobs: Sie sorgen für das Wohlbefinden der Kunden im Objekt. Damit übernehmen sie eine grosse Verantwortung – und das darf man auch sehen! Lassen Sie mich die Wichtigkeit mit einem Vergleich erklären: Eine Unternehmung ist wie ein Uhrwerk mit seinen zahlreichen Zahnrädern. Jedes Zahnrad repräsentiert eine Abteilung. Dazu gehört auch die Reinigungsabteilung. Sobald eines dieser Zahnräder nicht mehr funktioniert, bleibt die Uhr stehen. Die Unternehmung hat nun ein Problem – egal um welche Abteilung es sich handelt. Man vergisst nämlich oft, welch wichtige Grundlagenarbeit das Reinigungsteam leistet: Würden Sie in einem edlen Einkaufscenter mit der ansprechendsten Warenauslage und der besten Beratung etwas kaufen, wenn die Schaufenster verschmiert wären und die Abfalleimer überquellen?

Der Kostendruck nimmt in der Reinigungsbranche stetig zu. Welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf die Nachfrage nach Weiterbildungsangeboten?
Man könnte meinen, dass in Phasen grossen Kostendrucks weniger in die Reinigungsweiterbildung investiert wird – das Gegenteil ist der Fall! Gerade weil bis zu 80% der Kosten in der Reinigung auf Personalkosten entfallen, sind gut ausgebildete Fachkräfte gefragter denn je. Für Unternehmen ist es essentiell, die besten Leute auf diesen kostenintensiven Posten zu haben. Qualifizierte Fachkräfte schaffen durch die Wahl der richtigen Methoden und Systeme Effektivität und gewinnen durch deren Anwendung Effizienz.

Mit der Wetrok Academy betreibt die Wetrok ein renommiertes Weiterbildungszentrum. Welche Art von Kursen bieten Sie an?
Unser Kursangebot hat drei Standbeine: Programmkurse, Individualkurse und Praxistage. Die Programmkurse werden in unseren Schulungszentren in Kloten und Crissier durchgeführt. Vom Bodenreinigungskurs über den Fensterreinigungskurs bis hin zum Ergonomiekurs decken wir alle Bereiche der Reinigung ab. Die Kursdauer beträgt ein bis vier Tage und die Kosten bewegen sich zwischen 200 und 1200 Franken. Die 17 Programmkurse werden durch Praxistage für angehende Hauswarte und Lernende ergänzt. An den Praxistagen feilen Teilnehmende in prüfungsähnlicher Umgebung an ihren praktischen Kenntnissen, erhalten Sicherheit in der Ausführung und ein letztes Feedback vor der Prüfung. Das dritte Standbein sind unsere Individualkurse. Diese finden wahlweise beim Kunden vor Ort oder bei uns im Schulungszentrum statt. Im Jahr 2019 haben wir knapp 500 Teilnehmende in Programmkursen geschult und weitere 600 Teilnehmende in Individualkursen.

Wie ist das Verhältnis zwischen Theorie und Praxis?
Wer in einen Wetrok Kurs kommt und ein ellenlanges Theoriereferat erwartet, ist bei uns falsch. Sowohl unsere Kursteilnehmenden wie auch unsere erfahrenen Kursleiterinnen und Kursleiter kommen aus der Praxis. Unser Anspruch ist es deshalb, dass Teilnehmende möglichst viel praktisch ausprobieren und erleben können. Kurze Theorie-Inputreferate sind dazu nötig, dauern jedoch nie länger als eine Stunde. Auch Gruppenarbeiten sind für uns ein wichtiges Lernfeld. Unsere Kurse bestehen aus ca. 30 Prozent Theorie und 70 Prozent Praxis.

Wie viele Personen nehmen an einem Reinigungskurs teil?
Je nach Kurs ist das Maximum zehn oder zwölf Personen. Um eine optimale Betreuung zu gewährleisten und eine sichere Kursumgebung zu schaffen, halten wir die Gruppen gezielt klein.

Welche Schulungsinhalte sorgen bei den Kursteilnehmenden für Erstaunen?
Was viele Kursteilnehmende nachhaltig beeindruckt, sind die Tests zur Bestimmung des Bodenbelags. Beispielsweise die Brennprobe, bei welcher nur ein Feuerzeug und eine Büroklammer nötig sind. Viele Teilnehmende geben diese neu erlernten Fertigkeiten dann im Rahmen von Teammeetings an ihre Arbeitskollegen weiter und verschaffen sich so Respekt und Bewunderung. Ein weiterer Punkt, der regelmässig für Aha-Effekte sorgt, ist die Richtung beim Einwaschen von Wänden: nämlich von unten nach oben. Würde die Reinigungslösung andersherum aufgetragen, könnte das herunterlaufende Schmutzwasser in den noch trockenen Untergrund ziehen und dort haften bleiben (unschöne Tränenläufe). Regelmässig für Verblüffung sorgt natürlich auch die Zeitersparnis und Vereinfachung der Arbeitsabläufe durch neue Reinigungsmethoden.

Sie bieten einen Masterlehrgang für Reinigungskräfte an. Welches Standing hat diese Weiterbildung im Markt?
Der Wetrok Master ist eine Weiterbildung, die eine Reinigungskraft als qualifizierte Fach- und Führungsperson auszeichnet. Absolventen erhalten damit nicht nur eine grössere Arbeitsplatzsicherheit, sondern erarbeiten sich damit generell mehr Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt – unter anderem für einen hierarchischen Aufstieg. Für potenzielle Arbeitgeber wiederum ist der Wetrok Master ein Qualitätsgarant. Letztes Jahr hat mir eine Masterabsolventin rückgemeldet, dass das Wetrok Masterdiplom ausschlaggebend dafür gewesen sei, dass sie die Zusage für eine neue Stelle erhalten habe.

Haben Sie in den Reinigungskursen einmal eine besonders lustige, überraschende oder rührende Situation erlebt?
Die grösste Herausforderung sind demotivierte, lustlose Teilnehmer. Einmal hat mir ein Teilnehmer zu Kursbeginn gesagt, er würde lieber einer Wurzelbehandlung beim Zahnarzt beiwohnen als dieser Reinigungsschulung. Im Verlauf des Tages konnte ich aber sehen, wie er sich immer mehr geöffnet hat und sein Interesse wuchs. Am Ende des Kurses nahm er seine Aussage als falsches Vorurteil zurück und verliess den Kursraum mit einem Lächeln – das hat mich extrem gefreut. Eine rührende Situation habe ich mit einer Teilnehmerin erlebt, die aufgrund ihrer Volkschulzeit nur schlechte Erfahrungen mit der Schule verbunden hat. Zu Beginn hat sie sich kaum in den Kursraum getraut, weil sie das Gefühl hatte, den Lerninhalten nicht gewachsen zu sein. Am Ende des vierten Kurstages ist sie zu mir gekommen und hat angemerkt, dass sie nun nicht nur einiges für ihren Arbeitsalltag gelernt habe, sondern das Ganze auch noch reichlich Spass gemacht habe. Dieses Beispiel zeigt: Eine angenehme Lernumgebung, Freude und Spass haben einen grossen Einfluss auf den Lernerfolg.

Aus welchen Branchen kommen die Kursteilnehmer und welche Altersgruppen oder Geschlechterverhältnisse sind vertreten?
Bunt gemischt – sowohl bezüglich Branche, Alter und Geschlecht. Eine Teilnehmergruppe hat jedoch zugenommen: Personen, die eine Umschulung zur Reinigungsfachperson machen. Wider Erwarten sind in der professionellen Reinigung nicht vorwiegend Frauen, sondern vor allem auch viele Männer vertreten. Das Geschlechterverhältnis in den Kursen ist ungefähr ausgeglichen, tendenziell sind es jedoch eher etwas mehr Männer.

Verhält sich «Mann» im Kurs anders als «Frau»?
Bei Frauen erlebe ich es oft, dass sie Unsicherheiten und Berührungsängste im Umgang mit grossen Reinigungsmaschinen haben. Sobald sie jedoch den Dreh raushaben, macht die Bedienung ihnen Freude. Bei Männern ist eher das Gegenteil der Fall: Viele sind zu Kursbeginn sehr selbstbewusst und denken, sie wüssten bereits über alles Bescheid. Diese Einstellung ändert sich jedoch meist im Verlauf des Kurses und sie werden offen für neue Fertigkeiten und Kenntnisse.

Haben sich die Medien in der Wissensvermittlung gewandelt?
Der Trend zu immer mehr bildlichen Inhalten zulasten von Textinhalten zeigt sich auch bei uns. Ohne Erklärbilder, Piktogramme und Fotos geht nichts mehr.

Was empfehlen Sie einem Branchenneuling oder Wiedereinsteiger, der sich in kurzer Zeit ein solides Reinigungsgrundwissen aneignen möchte?
Ideal für Reinigungsanfänger ist unser Kurs «Moderne Reinigungspraxis». In diesem viertägigen Kurs erarbeiten sich Reinigungsneulinge das nötige Grundwissen der modernen Reinigung. Der Kurs vermittelt eine Übersicht über Reinigungsmittel, die Bedienung von Maschinen, verschiedene zu reinigende Materialien und Reinigungsmethoden. Man muss sich das wie einen Helikopterrundflug über die Reinigungswelt vorstellen: Man kreist über einen grossen Bereich und bei besonders sehenswerten Details setzt man zur Landung an, verweilt kurz und probiert diese aus. Ergänzend zu unserem Reinigungsgrundkurs lege ich Reinigungsanfängern jedoch unbedingt eine Praxisbegleitung ans Herz: Sie sollten einen Hauswart oder Gebäudereiniger eine Woche lang bei der Arbeit begleiten und mithelfen. Nur so gewinnen Anfänger Sicherheit bei der Anwendung von Methoden, Maschinen und Mitteln.

Sie haben eingangs die Individualkurse angesprochen. Für wen eignen sich diese und welche Vorteile bieten sie gegenüber herkömmlichen Reinigungskursen?
Individualkurse bieten den Vorteil der Wahlfreiheit: Sie finden beim Kunden vor Ort statt und die Schulungsinhalte, die Schulungstiefe sowie das Lerntempo kann durch den Kunden frei gewählt werden. Durch die Schulung am Arbeitsort der Reinigungskräfte wird direkt mit denjenigen Maschinen und Reinigungsmitteln geschult, die Reinigungskräfte auch bei der täglichen Arbeit einsetzen. Auch auf einzelne besondere Oberflächenmaterialien oder Bodenbeläge kann spezifisch eingegangen werden. Viele Reinigungsteamleiter sehen eine solche Individualschulung zudem zugleich als Teambildungsevent.

Finden Sie, dass Reinigungskräften zu wenig Wertschätzung entgegengebracht wird?
Ja, leider ist das noch immer der Fall. Vor allem Leute, die nichts mit der Reinigung zu tun haben, sehen Reinigungsmitarbeitende nur als «Putzkräfte». Das stimmt mich traurig – Reinigungskräfte nehmen in einem Objekt nämlich eine Schlüsselrolle ein und sind oft Garanten für eine sichere Umgebung. Man stelle sich nur einmal vor, die Reinigungsabteilung in einem grossen Betrieb würde streiken – damit könnte sie den gesamten Kundenverkehr lahmlegen. Vor allem aber bemängle ich, dass Reinigungsangestellte im Alltag so selten eine explizite Anerkennung erhalten. Ein kleines Lächeln oder ein ehrlich gemeintes Lob würde so mancher Reinigungskraft den Alltag erhellen.

Lassen Sie uns abschliessend in die Zukunft blicken: Werden gut ausbildete Reinigungskräfte in zehn Jahren überhaupt noch benötigt oder werden Roboter diese ersetzen?
Ein Roboter wird niemals ein komplettes Reinigungsteam ersetzen. Er ist zweifelsohne eine gute Ergänzung für repetitive, hoch standardisierte Arbeiten. Für die Bedienung der differenzierten Kundenerwartungen und die Erfüllung komplexerer Arbeiten braucht es jedoch auch künftig die menschliche Reinigungskraft. Dabei spreche ich insbesondere den Gesundheitssektor an, in welchem Reinigungskräfte etliche Zusatzaufgaben erfüllen, die Feingefühl, Verantwortung und Empathie erfordern. Das Arbeitsumfeld wird sich jedoch unaufhaltsam verändern – was auch neue Fertigkeiten und Kenntnisse von den Reinigungsmitarbeitern verlangen wird. Wenn der Mensch zum «Chef» des robotischen Teammitglieds wird, braucht er andere, spezifischere Kenntnisse als bisher. Auch hier zeigt sich: Die einzige Konstante in der Reinigung ist der Wandel.


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